Samstag, 20. September 2014

Rezension zu "Das Haus am Alsterufer" von Micaela Jary

Hamburg im Jahr 1911. Die jüngste Tochter des Reeders Victor Dornhain hat sich in den Kopf gesetzt, den gut aussehenden Architekten Konrad Michaelis zum Ehemann zu nehmen. Sie küsst ihn auf offener Straße - ein Skandal! Nur äußerst widerwillig stimmt Livis Vater der Ehe mit dem Architekten zu. Dieser muss sich beugen und die junge Frau, deren Leben sich nur um Theater, Bälle und die neueste Mode dreht, heiraten. Dabei hat er sich unsterblich in Helene, genannt Nele, verliebt. Nele, eine Malerin, die in München lebt und studiert und wie er erfahren muss, Livis Schwester ist. Nele gibt ihn frei. Was bleibt ihr übrig? Den Skandal von der Familie abzuwenden ist wichtiger als die eigenen Bedürfnisse. Kaum verheiratet, wird Livi der frisch angetraute Ehemann auch schon wieder langweilig. Neles Herz zerbricht. Sie wird schwer krank und reist zur Erholung in die Schweiz, wo sie ein neues und einfaches Leben beginnt, doch ihre große Liebe Konrad kann sie nicht vergessen. Ellinor, die älteste Schwester der drei, setzt sich vehement für die Rechte der Frauen ein und hilft unermüdlich den Armen. Drei Frauen, drei Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Drei Frauen, die ihren Weg gehen und die in einer Zeit des Umbruchs leben. Doch da ist auch das Hausmädchen Klara, die auf der Suche nach ihrer Mutter ist, die sie nie kennengelernt hat.

"Das Haus am Alsterufer" - eine Familiensaga, eine Geschichte voller Liebe, Verzweiflung und Verlangen. Micaela Jary schafft es hervorragend, die vergangene Zeit lebendig werden zu lassen. Der Leser wird entführt in eine Zeit, in der ein harmloser Kuss bereits einen Skandal auslöst. Eine Zeit, noch geprägt von alten Sitten und Moralvorstellungen, aber auch eine Zeit, die sich mitten im Umbruch befindet. Die Frauen beginnen, für ihre Rechte zu kämpfen. Die Menschen überhaupt erheben sich und fordern soziale Gerechtigkeit. Als Leser habe ich mich inmitten dieser Geschichte bewegt. Mir war beim Lesen alles so vertraut. Egal, ob ich die Dornhains in die Oper begleitet habe oder ob ich mich beim Lesen inmitten der aufkommenden Tumulte der hungernden Bevölkerung befunden habe. Die Autorin schafft es mit offenbarer Leichtigkeit, das Flair der damaligen Zeit wiederzugeben. Sie fesselt mit erzählerischer Kraft und Einfühlungsvermögen. Der Leser lernt viele interessante und vielschichtige Persönlichkeiten kennen.

"Das Haus am Alsterufer" - eine wunderbare Geschichte, gefühlvoll, tragisch.

Micaela Jary - eine Autorin, die sich einfühlsam mit der Zeit und den Personen auseinandersetzt. Eine Autorin, die liebevoll auf Details achtet und die es schafft, dass der Leser mit Leichtigkeit in eine andere Zeit abtaucht. 

"Das Haus am Alsterufer" - unbedingte Leseempfehlung! Und vielleicht gibt es ja irgendwann eine Fortsetzung?





Taschenbuch
Goldmann Verlag
576 Seiten
9,99 €

www.goldmann-verlag.de




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