Montag, 23. Februar 2015

Das Autoren-Interview mit Lee Bauers

Liebe Lesezeit-Leserinnen und -Leser,
 
heute habe ich das Vergnügen, Euch eine Autorin
vorzustellen, die mir schon einmal bei einer Lesung
im Iserlohner Literaturhotel gegenüber gesessen
hat. Sie behauptet von sich, ein Sturmkind zu sein
und sie wollte mit 15/16 Spionin werden,
doch lest selbst!
 
 
 
 

Informationen zur Autorin

Name:​​ Lee Bauers​
Alter: ​​biologisch 49, emotional 39
Wohnort: ​Lippstadt
Familienstand:​ geschieden


 
 
Rund ums Schreiben:

Wann hast du angefangen mit dem Schreiben?
Im März 2010

Was fasziniert dich am Schreiben?
Ich kann abtauchen, Emotionen rauslassen und die Welt zumindest in meinen Büchern ein wenig besser machen. Sie ist beim Schreiben für mich real und es fasziniert mich, sie beeinflussen zu können. Ich schlüpfe in meine Figuren, muss für sie reagieren. Wenn ich schreibe, kann ich weinen und lachen, ich spüre sogar die Angst, die meine Figuren haben, ganz besonders kann ich aber ihre Wut und den Drang nach Gerechtigkeit und Vergeltung nachempfinden.



 

Wie entstehen deine Geschichten?
Darken entstand aus einem besonderen Moment heraus. Ich wunderte mich über instinktive Reaktionen, dachte darüber nach und schrieb los, ohne Ziel und Gedanken. Daher wird Darken für mich auch immer etwas Besonderes bleiben. Die Reihe entstand, als ich nicht daran dachte, einmal Schriftstellerin zu werden. Das Buch ist auch nicht wie im herkömmlichen Sinn geplottet oder geplant worden. Ich schrieb die Geschichte weiter, so wie auch das Leben weiterläuft, in das man hineingeboren wird. Erst nach 3.500 Seiten hatte ich das Gefühl, alles gesagt zu haben, was mir auf der Seele lag.
Mit so bedingungsloser Hingabe zu schreiben, brachte eine gewisse Leichtigkeit in mein damaliges Leben, aber dafür bis heute auch einen riesigen Berg Arbeit. Denn damals kannte ich keine Regeln, kein Handwerk, war oft so schnell in meinen Gedanken, dass ich nur so durch die Geschichte flog. Jetzt benötige ich ein Jahr, um zwei Darken Bücher handwerklich zu überarbeiten, um festzustellen, wow, was für Emotionen (oder sollte ich sagen Dämonen?) haben mich damals beherrscht? Mit jedem weiteren Darken verfeinere ich meine Technik, den Lesern wird meine Weiterentwicklung vielleicht nicht entgehen. Zum heutigen Zeitpunkt kann ich aber mit ruhigem Gewissen behaupten, dass Darken neben meiner Tochter das Beste ist, was bisher in mein Leben getreten ist.

Dein nächstes Projekt?
Ich habe zwischendurch noch einen Roman geschrieben, aber diesen wieder in die Schublade gelegt. Ebenfalls Fantasy, mit einer nach außen starken, aber innerlich unsicheren Protagonistin, die der Sirona aus Darken sehr unähnlich ist. Das Buch spielt in Hamburg, es geht um zwei Parallelwelten auf unterschiedlichen Zeitschienen, um Liebe und Gerechtigkeit. Diesem Buch werde ich mich wieder widmen, wenn von Darken das letzte Band erschienen ist, gegen Ende 2016/ Anfang 2017. Immerhin habe ich ja noch fünf Darken Bände auf dem Schreibtisch. Was Ideen betrifft, habe ich das Gefühl, dass mir diese nie ausgehen werden. Im Gegenteil, oft wünsche ich mir, dass ich nicht noch einem normalen Brotjob nachgehen müsste, um meine Familie zu ernähren, dann könnte ich die Türen zu meiner Fantasie wieder ungehemmt öffnen. Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint mir das aber einfach zu riskant, weil ich mich im Schreiben verlieren kann.


 
 

Welchen Berufswunsch hattest du als Kind?
Da hab ich oft schon drüber nachgedacht. Eigentlich weiß ich es nicht, hatte ich einen Berufswunsch? Ich glaube nicht, es wurde im elterlichen Betrieb gearbeitet, basta. Geträumt wurde nicht und gewünscht auch nicht.
Es gibt aber zwei Erlebnisse die für mich im Zusammenhang mit dieser Frage heute noch sehr präsent sind. Die eine, ich muss so um die zehn gewesen sein, plus/minus ein Jahr. Ich hatte immer den Drang nach Freiheit und habe mich oft ungerecht behandelt gefühlt und bin dadurch nicht selten mit meiner Stute Cheyenne in die Wälder geritten, im vollen Galopp über Felder und Waldwege geprescht. Dabei plante ich, was ich alles einpacken muss, wenn ich beim nächsten Mal einfach wegreiten würde, um nicht wiederzukommen. Zählte in Gedanken die notwendigsten Dinge durch, Unterwäsche, Messer, Pferdedecke und einen warme Jacke. Zu viel durfte es nicht sein, denn ich hätte maximal einen Rucksack mitnehmen können. Damals verspürte ich zum ersten Mal den Drang, allein zu sein und in den Wäldern zu leben.
Die zweite Situation, die mir einfällt, war eine Fragestunde in meiner Schulklasse, neunte Jahrgangsstufe, ich muss also circa 15/16 Jahre alt gewesen sein. Die Lehrerein fragte uns, was wir einmal werden wollten. Ich antwortete, dass ich gerne Spionin oder Agentin werden wollte, was die Klasse in grölendes Gelächter stürzte. Ich habe damals die Wahrheit gesagt, was konnte ich denn dafür, dass die anderen so einfältig oder konservativ waren. Ganz ehrlich, ich glaube ich wäre eine Spitzenagentin geworden ;-).


 

Wie sieht dein Alltag aus?
Mein Alltag wird durch meine Arbeit als Projektleiterin bestimmt. Er gibt mir vor, in welcher Stadt ich morgens erwache. Eine Arbeit, die mich ständig fordert, mich mit immer neuen Menschen zusammenbringt und mir abverlangt, Probleme zu lösen. Er ist aber auch die Grundlage, um wunderbare Möglichkeiten auszuschöpfen, mich nach Feierabend mit anderen Autoren, Freunden und Bekannten deutschlandweit zu treffen. Mein Job beschäftigt mich sehr, aber nach der Arbeit habe ich den Freiraum, meine Gedanken ziehen zu lassen, mich an immer neuen Orten meiner Schreiberei zu widmen und ich von den vielen neuen Eindrücken, die ich bekomme, inspirieren zu lassen.


 

Welche Jahreszeit ist die Deine?
Ich liebe den Frühling, er duftet so lecker und die Farben sind so kräftig, dass ich stundenlang meine Magnolien oder meinen Rhododendron im Garten anstarren kann.
Ich liebe den Sommer, endlich kann ich wieder im Garten schlafen und nachts im Dunkeln auf der Wiese liegen und in den Sternenhimmel starren, ohne zu frieren. Gegessen wird nur noch draußen.
Ich liebe den Herbst, weil ich ein Sturmkind bin. Kein Sturm kann so stark sein, dass er mich nicht hinauszieht, egal, ob ich mich ihm am Meer entgegenstemme oder auf einer Dachterrasse eingemummelt den Geräuschen lausche, die er in den umliegenden Wäldern verursacht. Er kann höllisch drohen und hat dennoch keine Macht über mich, weil ich viel zu klein bin und dadurch viel stärker als er.
Ich liebe den Winter, endlich kann ich wieder nächtelang vor meinem Kamin sitzen und arbeiten, habe warme Füße und kann, wenn ich eine Pause brauche, stundenlang in das Flackern der Flammen sehen und meine Gedanken fliegen lassen. Kann einfach einschlafen, um danach mit neuer Kraft weiterzumachen. Wenn der Schnee fällt, wird es nicht nur in mir, sondern auch draußen ganz leise, dann sieht die Welt so aus, wie ich mich fühle: ruhig und still.



 
Hast du ein Lieblingsreiseziel?
Im Moment möchte ich in die Rocky Mountains, möchte mich in einen Wald zurückziehen und allein sein mit meinen Gedanken. Ich glaube, das hatten wir im oberen Teil des Interviews schon, grins. Das kann sich aber auch schnell ändern, kommt darauf an, was ich mit einem Urlaub bezwecke. Im Moment jedenfalls will ich nur Ruhe und Zeit für mich haben.


 

Was bedeutet Dir Zeit?
Sie ist wichtig und kommt gleich nach der Liebe. Ich habe immer zu wenig, aber für sie verzichte ich auf sehr viel. Sie ist kostbar und muss mit hoher Effizienz genutzt werden. Vergeudung dieser für mich wichtigen Ressource macht mich aggressiv. Sie fordert mich, Oberflächlichkeit von Wichtigkeit zu trennen und Prioritäten zu setzen, die andere oft nicht verstehen.

Wie definierst du Glück?
Glück ist temporär, Zufriedenheit ist wichtiger. Obwohl es wohl eines ohne das andere nicht gibt. Glück überkommt mich, wenn ich nicht damit rechne, es kann viele Formen haben. Lob, Liebe, Erleichterung, Erfolg.
Bin ich glücklich? Ja, ab und zu. Bin ich zufrieden? Überwiegend. Glücklich ist man, wenn man für einen Moment fliegen darf und die Welt umarmen will.


 

Wenn du plötzlich 5 Millionen Euro zur Verfügung hättest, was würdest du damit tun?
Ich würde mir ein Refugium schaffen, eine alte Fabrikhalle als riesigen Loft umbauen, mitten im Wald mit einer Wassergrenze, einem See oder ähnlichem. Die Fabrik, oder die Mühle, oder was auch immer, würde ich nach meinen Vorstellungen renovieren, mit einem zentralen riesigen Kamin, um den sich die Küche, der Schreibtisch, die Badewanne und das Sofa formieren. Ich würde versuchen, den neuen Wohnsitz autark zu gestalten und nur noch schreiben, träumen und die Natur genießen. Ach, und ich würde mir einen gutgebauten Gärtner einstellen, der sich um meinen Wald, meinen Garten, meine Hunde und meine Sicherheit kümmert (man kann sich ja auch im Wald mal verletzen oder krank werden). Außerdem, wenn ich dann ab und zu aus meinem Paradies ausreise, um Familie und Freunde zu besuchen oder auf Recherchereise zu gehen, muss das Haus ja auch bewacht werden.

Hast du Wünsche für die Zukunft? Welche?
Ich will neben den üblichen Wünschen wie Gesundheit, Frieden und einem ausreichenden Einkommen in der Zukunft eigentlich nur schreiben. Ich möchte weiterhin Kontakte zu den Menschen pflegen können, die mir wichtig sind.

Beschreibe dich in einem Satz selbst!
Ich höre oft, dass ich unbeschreiblich bin, aber ich werde es dennoch versuchen.
Lee Bauers ist eine energiegeladene, temperamentvolle Persönlichkeit, die Herzlichkeit und Konsequenz lebt und ihre Authentizität mit Leib und Leben verteidigt, wofür sie kein Blatt vor den Mund nimmt.
 
 
 
Liebe Lee, ich danke dir für das tolle Interview!

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