Samstag, 14. Februar 2015

Das Autoren-Interview mit Nina George

Lesezeit-Leserinnen und -Leser,

diese Autorin kennt bestimmt jeder! Nina George über die Kunst zu schreiben, über Fühlwochen und Plottingtage und ihr nächstes Projekt.



Foto: Maurice Kohl (c) Nina George


Informationen zur Autorin

Name: Nina George
Alter: zurzeit 41
Wohnort: Unterwegs
Familienstand: Verheiratet mit einem Schriftsteller




Rund ums Schreiben:

Wann hast du angefangen mit dem Schreiben?
Es kommt darauf an, welches Schreiben – das Berufsschreiben oder das erzählende Schreiben jenseits von Briefen oder Schule?
Die ersten Stories habe ich so mit 14, 15 geschrieben, aber das Schreiben als Beruf übe ich aus, seit ich 19 bin. Bald 23 Jahre.

Was fasziniert dich am Schreiben?
Dass ich heraus finde, was ich denke, und wer ich bin.

Ich mache, was ich bin, und im Machen lerne ich mich kennen.

Abgesehen davon ist Schreiben eine zeitversetzte Interaktivität mit den Leserinnen der Zukunft. Wir koppelen Gedanken und Emotionen aneinander ohne uns zu kennen. Die Leserin meiner Geschichte lässt das Werk erst entstehen – in ihrem Kopf, mit ihren Bildern, ihren Gefühlen.
Im Prinzip bringt sie erst die Geschichte wirklich zur Welt – aber ohne mich als „Schöpferin“ geht es nicht.

Kurz gesagt: Schreiben ist Kunst, die erst bei mindestens zwei Beteiligten entsteht, die einander nicht kennen: Autorin und Leser/Leserin.

Faszinierend!

Wie entstehen deine Geschichten?
Wort für Wort. Tag für Tag. Wutanfall für Wutanfall, Träne für Träne, in mehreren Denk-Monaten, Fühlwochen, Plottingtagen und Schreibstunden. Ich schreibe ca. acht Wochen und überarbeite nochmal so viele.

Ich arbeite „große Themen“ des Lebens ab, etwa alle zwei, drei Jahre habe ich einen neuen großen Stoff „durchgefühlt“.




Dein nächstes Projekt?
Arbeitstitel: Das Haus der Tausend Türen.

Einer meiner drei Hauptpersonen liegt im Koma, in der Lebensform am Rande des Todes, und erzählt uns von dort. Die anderen beiden sind in „dieser Welt“ und müssen mit ihrer Angst, ihrer Sorge, aber auch ihren Hoffnungen und Glaubenssätzen neu leben lernen.

Welchen Berufswunsch hattest du als Kind?
Schauspielerin, Anwältin, Hubschrauberpilotin, Stepptänzerin, Bibliothekarin … da ich mich heute stark für Autorenrechte engagiere, ist zumindest der Teil mit der Anwältin erfüllt: Ich sehe mich als Anwältin der Kunst, als Fürsprecherin der Autorinnen.

Wie sieht dein Alltag aus?
Ich habe keinen geregelten. Allein heute: Ich habe ein Papier für das Europa-Parlament über eBooks korrigiert, einen Job für TV Movie erledigt, eine Kurzgeschichte gegen gelesen, für eine AG eBook einige Verlage auf Seriosität kontrolliert, bei Facebook prokrastiniert, zwei Rechnungen geschrieben, mich bei der VG Wort schlau gemacht wie man Mitglied wird – und mich davor gedrückt, weiter im Roman vorwärts zu gehen.
Das werde ich morgen machen und den Ausdruck der ersten 100 Seiten neben den Computer legen und Absatz für Absatz das übertragen, was ich auf Papier verbessert habe, und jene Kapitel neu schreiben, die noch nicht sitzen. Am Donnerstag habe ich einen Zeitungsjob auf dem Tisch wie seit neun Jahren jeden Donnerstag.
Bei mir geht alles ineinander über. Lesen, recherchieren, nachdenken, schreiben, korrespondieren. Ich fühle mich mitunter schuldig wenn ich nicht arbeite. Aber das ist Familientradition: Wir George-Leute sind seit ungefähr neun Generationen durchweg alle selbstständig, ob als Gastronomen, als Kunsttischler, als Viehbauern, als reisendes Schausteller-Musikervolk.
Ich habe mir immer einen Beruf gewünscht, den ich „leben“ kann, der nicht getrennt von mir ist, von dem ich weder Freizeit noch Urlaub brauche, um ihn zu ertragen.

Welche Jahreszeit ist die Deine?
Alle. Herbst! Nein, Winter in der Bretagne. Oder Frühling, überall. Aber Sommer, damit habe ich Probleme. Der ist zu heiß und es macht keine Freude, am Schreibtisch zu hocken.

Hast du ein Lieblingsreiseziel?
Meine Träume. Ansonsten ist die Reise mein liebstes Ziel. Ich sehe mir gern die Welt an, ich lerne gerne wie andere Menschen leben, ich mag den Polarkreis genauso wie die Provence.


 
Foto: Maurice Kohl (c) Nina George

Was bedeutet Dir Zeit?
Das Zeug von dem ein Leben nie genug hat. Weder am Ende noch dazwischen.

Wie definierst du Glück?
Glück ist, sich nicht zu ärgern, nicht zu sorgen und „hier“ zu sein. „Hier“ heißt: an dem Ort, mit allen Sinnen wahrnehmen. Nicht im Gestern sein, nicht im Morgen, nicht ärgern, nicht schämen, nicht ängstigen.

Wenn du 5 Millionen € im Lotto gewinnen würdest, was würdest du damit tun?
Eine Stiftung zur Verteidigung der Autorenrechte einrichten, gegen Monopolisten, Piraterie, TTIP, peinliche Politikerinnen wie Julia Reda oder Bruno Kramm, Google oder Amazon.
Andere haben viel Geld, um sich außergewöhnlich miese Dinge gegen Autoren und Autorinnen, Urheberrechte und unser Überleben, auszudenken. Wir haben keinen Etat, wir müssen arbeiten, um zu überleben. Ich würde diese 5 Mio sofort für eine „AutorInnen-Lobby“ oder eine Interessensgemeinschaft Autorinnen einsetzen.

Hast du Wünsche für die Zukunft? Welche?
Gesund bleiben und von meinem Mann weiter so geliebt werden. Abgesehen davon wünsche ich mir, dass die Politik begreift, dass Digitale Ökologie bedeutet, die Ressourcen der Kultur zu schützen: Nämlich die Autoren und Autorinnen.

Beschreibe dich in einem Satz selbst!
Ich bin was ich tue.



Liebe Nina, ganz, ganz herzlichen Dank
für dieses wunderbare Interview!

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