Montag, 27. April 2015

Der Hohenhof in Hagen - ein Gesamtkunstwerk!

 
(c) Monika Schulte


Karl Ernst Osthaus (1874 - 1921), der Kunstmäzen, wollte eine Villenkolonie gründen. Vielen ist bestimmt die Mathildenhöhe in Darmstadt (1901) ein Begriff. Den Mittelpunkt der Hagener Villenkolonie Hohenhagen sollte der Hohenhof bilden. Osthaus war nicht nur Kunstmäzen, er galt auch als Kulturreformer. 1902 weihte er sein privates Museum Folkwang in Hagen ein.



 
(c) Monika Schulte


Da mich Osthaus und seine Zeit sehr interessieren, haben meine Freundin und Kollegin Kerstin und ich vor einiger Zeit beschlossen, eine Führung im Hohenhof mitzumachen. Am vergangenen Sonntag (26. April 2015) war es dann so weit. 


 
(c) Monika Schulte

Für den Bau des Hohenhofes engagierte Osthaus den belgischen Architekten Henry van de Velde. Der Grundstein hierzu wurde 1906 gelegt. Die geplante Villenkolonie wurde leider nie vollendet. Der Erste Weltkrieg kam dazwischen. Osthaus musste einige Zeit dienen. Zudem verstarb er bereits mit 46 Jahren. Gebaut wurden jedoch drei Villen von Peter Behrens sowie eine komplette Häuserzeile des Architekten Lauweriks. Gelebt haben hier Künstler wie Lauweriks, Thorn Prikker, Will Lammert, Hans Dorn und Milly Steger. Im Hohenhof in der oberen Etage ist ein Modell zu bestaunen, wie Hohenhagen einmal aussehen sollte. Nicht nur Villen sollten gebaut werden, sondern auch Schulen und eine Sternwarte. 



(c) Monika Schulte
 
 
Der Hohenhof zählt selbst zu den architekturgeschichtlich bedeutendsten Bauwerken Europas!!! 




(c) Monika Schulte


Was mich persönlich am Hohenhof so fasziniert, ist, dass es sich hier nicht nur um eine wunderschöne alte Jugendstilvilla handelt, sondern, dass es ein ein Gesamtkunstwerk ist. Immer wieder wird bei der äußerst interessanten Führung darauf hingewiesen, dass die Villa aus "einem Guss" erschaffen wurde. Hierbei sprechen wir nicht nur von der Architektur an sich, sondern auch von der gesamten Inneneinrichtung. Möbel, Dekorationen, Teppiche, Lampen und ja, sogar Geschirr und Besteck! All das wurde extra entworfen und hergestellt. Bauweise, Farben - einfach alles wurde aufeinander abgestimmt.  Die Dame des Hauses trug sogar Kleider, die van de Velde entworfen hat! Auf der Internetseite des Osthaus Museums Hagen ist in einem Download zum Hohenhof zu lesen, dass es sich um ein "Konzert der Künste" handelt. Dies kann ich ich nur bestätigen.


 
(c) Monika Schulte
 

Bei der Führung haben wir die Ehre, das Haus über die Haupttreppe betreten zu dürfen. Später erfahren wir, dass dies eigentlich nur dem Ehepaar Osthaus und seinen Gästen vorbehalten war. Wir haben uns dann einfach als richtige Gäste gesehen. Das Personal und die Kinder der Familie (5 Kinder insgesamt) mussten einen Nebeneingang des Hauses benutzen. Sie hatten sogar ein eigenes Treppenhaus.


 
(c) Monika Schulte
 

Nach einer Einführung in der sehr schicken Eingangshalle, wurden wir in den Verweilraum geleitet. Hier warteten früher die Gäste auf die ihre Gastgeber. Wunderschön das dortige Hodler-Gemälde "Der Auserwählte" (1890), welches leider nur eine Reproduktion ist. Das Original befindet sich jedoch im Besitz des Museums! Der Raum wurde um das wandfüllende Kunstwerk herum gebaut. Nimmt man auf der grünen Couch mit der ungewöhnlich hohen Lehne Platz, kann man das Gemälde in seiner ganzen Schönheit auf sich wirken lassen. 



(c) Monika Schulte
 
 
Das Damenzimmer war zugleich Musikzimmer. Auch hier fügt sich alles wieder ein. Das Gemälde "Herbst vor Paris" von Edouard Vuillard (1897-99) ist leider auch nur eine Reproduktion. Mir persönlich haben die Sitzgruppe und der Damenschreibtisch am besten gefallen. Hier könnte ich mir wunderbar vorstellen, ein paar meiner Wohnzimmerlesungen zu veranstalten, meine Briefe und Postkarten zu schreiben (ja, ich schreibe noch richtige Karten und Briefe!) oder einfach nur zu lesen. Die Räumlichkeiten sind überhaupt einfach ideal, um Kunst- und Literaturveranstaltungen zu organisieren. Auch Wandelkonzerte im kleinen Kreis könnte ich mir hier gut vorstellen.


 
(c) Monika Schulte

Sehr dunkel und einschüchternd wirkt das Arbeitszimmer von Karl Ernst Osthaus, auch im Erdgeschoss liegend. Sehr raffiniert sind die Einbaumöbel. Und auch hier wurden wieder sämtliche Farben abgestimmt und harmonieren somit miteinander. Mir ist der Raum zu dunkel, doch damals war es wohl der Zeitgeschmack. Sehenswert ist er jedoch allemal. Auffällig ist hier auch die Schablonenmalerei des Künstlers Thorn Prikker an der Raumdecke. Und wer es noch nicht nicht weiß, hier darf auch geheiratet werden!

Auch über einen Wintergarten verfügte die Villla. Es war jedoch kein Wintergarten, wie wir ihn uns vielleicht vorstellen. Kein Wintergarten mit unzähligen Pflanzen. Es war ein Raum mit Korbbestuhlung (uns wurden Fotos mit der ursprünglichen Möblierung gezeigt), jedoch ohne Pflanzen. Der Blick nach draußen lässt einen die Natur vor dem Haus bewundern. Sehr schön sind in diesem Raum die gegossenen Stuckornamente und vor allen Dingen das Fliesen-Triptychon von Henri Matisse (im Originalzustand!!). Zu sehen ist eine Darstellung von Satyr und Nymphen (1907/08). Hingewiesen wurden wir bei der Führung auch auf das Korbgeflecht, hinter dem die Heizkörper versteckt wurden. 


 
(c) Monika Schulte

Sehr schön ist auch das Speisezimmerr. Mir gefiel hier vor allen Dingen die raffinierte Schiebetür. Auch hier herrschen wieder die perfekten Farben vor. Die Studentin, die die Führung mit uns machte, wies uns darauf hin, doch einmal die Türgriffe näher anzusehen. Und richtig, der Türgriff der Schiebetür zum Wintergarten hin ist aus Silber, auf der anderen Seite jedoch aus Mesing. Messing findet sich auch wieder in der dortigen Lampe.

Bei dem gesamten Rundgang war ich auch immer fasziniert von den Lampen. Sie wirken äußerst modern. Elektrizität ist somit auch ein Stichwort. Die gesamte Villa verfügte von Anfang an über Elektrizität, was sehr ungewöhnlich war für diese Zeit! Osthaus war somit auch hier ein Vorreiter. Sehr schön auch die alten schwarzen Lichtschalter!

Der Künstler Thorn Prikker begegnet uns wieder im privaten Treppenhaus des Ehepaares Osthaus. Eine fünfteilige Glasmalerei wartet hier auf den Betrachter, die immer mit dem Sonnenlicht geht. Bevor wir die Malerei betrachten konnten, vielen uns jedoch die Schlitze in der Wand des Treppenhauses auf. Lüftungsschlitze, wie wir richtig erraten haben! 

Im oberen Bereich besichtigen wir das Kaminzimmer. Heute würden wir vielleicht Wohnzimmer dazu sagen. Die gemusterte Wandbespannung mutet sehr orientalisch an. 

Auch das Badezimmer durften wir uns ansehen. Eher schlicht mutet es an, war aber sehr modern mit zwei Waschbecken. Die Badewanne ist leider nicht mehr erhalten. Familie Osthaus verfügte zudem bereits über Toiletten im Haus und über Heiß- und Kaltwasser.

Dann ein Blick in das Schlafzimmer, das ich als durchaus modern bezeichnen würde. Die Einrichtung passt - sofern man den Platz dafür hat - in wirklich jedes heutige Schlafzimmer. Absolut durchdacht wurde auch hier wieder alles. Der Kleiderschrank, der sich perfekt in die Wand einfügt oder die sehenswerten Ablageflächen der Nachtschränkchen neben dem Bett. Der Frisiertisch könnte mir auch gefallen. Hier ist vor allen Dingen die Öffnung der Schubladen sehenswert. Das zu beschreiben ist schwierig. Man muss es einfach gesehen haben.

Die Führung im Haus war wirklich sehr, sehr interessant! So haben wir zum Beispiel auch erfahren, dass die Steine für den Bau des Hohenhofes aus dem benachbarten Steinbruch stammen. 

Ein Gang um das Gebäude herum lohnt sich auch, nein, es ist ein absolutes Muss! Von welcher Seite man auch den Hohenhof betrachtet, er bietet immer ein anderes Bild. Wunderschön ist vor allen Dingen der Eingangsbereich mit seiner repräsentativen Treppe. Sehenswert auch das Monogramm Karl Ernst Osthaus in einigen Fenstergittern.

Wunderbar anzusehen ist auch der Gartenbereich der Villa. Wir erfahren bei der Führung, dass die Kinder der Familie Osthaus hier im Sommer draußen schlafen konnten. Die Kinder konnten sich ebenso auf einer eigenen Kegelbahn im Kellerbereich vergnügen oder sie spielten im Theaterzimmer. Langweilig ist es ihnen dort bestimmt nicht geworden! Wunderschön auch der Brunnen. Wie schön muss es gewesen sein, hier zu lesen! Ob die Dame des Hauses das getan hat? Wer weiß?

Später war im Hohenhof eine Handweberei untergebracht. Auch eine Gauverwalter-Schule der NSDAP zog hier ein.Gegen Kriegsende wurde die Villa als Lazarett benutzt. Vielen Hagenern ist der Hohenhof jedoch als Frauenklinik bekannt.


 
(c) Monika Schulte (Haus am Stirnband)

Leider kann ich nur Fotos vom Außengelände (jenseits des Zaunes) zeigen. Ansonsten hätte ich eine kostenpflichtige Genehmigung benötigt, um auch die anderen Bilder veröffentlichen zu dürfen. All die Dinge, über die hier geschrieben habe, kann man auch auf der Internetseite des Osthaus Museums Hagens nachlesen. Dort können auch die entsprechenden Bilder bewundert werden. So könnt Ihr Euch eine eigene Vorstellung machen. Am besten ist es jedoch, Ihr besucht einfach einmal selbst dieses wunderbare Bauwerk! Eine Führung kann ich nur wärmstens empfehlen!


 
(c) Monika Schulte

Nach der Führung des Hohenhofs ging es nur wenige Schritte weiter zu der Siedlung am Stirnband, wo uns die nette Studentin die eingangs erwähnte Häuserzeile des Architekten Lauweriks zeigte. Leider sind diese Häuser allesamt in Privatbesitz und nicht zu besichtigen. Sehenswert sind sie jedoch auch von außen. Könnte man diese Häuser zusammenschieben, so würden sie sich wie Puzzleteile ineinanderfügen. 



 
Kunst am Bau von Milly Steger
(c) Monika Schulte
 

Zwei Stunden Führung. Zwei Stunden, die sehr, sehr interessant und spannend waren. Zwei Stunden, die wie im Flug vergangen sind. Dankeschön für die tolle Führung! Leider weiß ich den Namen der jungen Dame nicht mehr. Sonst würde ich  mich noch einmal persönlich bedanken!




Lauweriks-Reike am Stirnband
 (c) Monika Schulte

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